Mut zum Engagement

Am 26. Mai 2014 lädt die Versicherungskammer Stiftung zu ihrem ersten Ehrenamtsymposium nach München ein. Unter der Schirmherrschaft des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann drehen sich die Gespräche um die Möglichkeiten und Herausforderungen des Ehrenamtes im gesellschaftlichen Wandel. Experten aus Politik, Wirtschaft und Wohlfahrtsverbänden diskutieren nach einem Grundsatzreferat in zwei moderierten Runden.

Welche Herausforderungen stellen sich durch den demografischen Wandel? Was geschieht auf kommunaler Ebene? Das Ehrenamtsymposium wird sich mit Fragen wie diesen beschäftigen. Bewährte und erfolgreiche Beispiele aus der Praxis zeigen lobenswerte und ausgezeichnete Lösungswege auf. Die Auslobung des Ehrenamtspreises der Versicherungskammer Stiftung rundet das Programm ab. Durch die Veranstaltung führt der Journalist Tilmann Schöberl. Das Ehrenamtsymposium findet statt in der Versicherungskammer Bayern, Warngauer Straße 30, 81539 München. Es richtet sich an Vertreter von Kommunen, Ministerien, Wirtschaft, Wissenschaft und Wohlfahrtsverbänden sowie an alle im Bereich des Ehrenamts tätigen Personen. Das ausführliche Programm zur Veranstaltung finden Sie hier:



Ehrenamtsymposium 2014



Dr. Hans-Jürgen Fahn

Dr. Hans-Jürgen Fahn

MdL, Freie Wähler,
Mitglied Runder Tisch Ehrenamt Position

Das Ehrenamt ist ein wichtiger Baustein des kommunalen Lebens. Bayern hat daher als erstes Bundesland das Ehrenamt und das Bürgerschaftliche Engagement in Art. 121 BV verankert. Die Kommunen müssen die Ehrenamtlichen in Entscheidungsprozesse aktiv einbinden, da diese häufig Träger von Vereinsleben und sozialen Verbänden sind und das Leben in einer Kommune entscheidend mitbestimmen. Das Ehrenamt darf nicht zum Randthema verkommen, es muss gestaltet und nicht nur verwaltet, es muss generationsübergreifend umgesetzt werden. Auch der Landtag ist aufgerufen, ein wichtiger und aktiver Wegbegleiter (auch finanziell) für notwendige Rahmenbedingungen zu sein und muss die Kommunen entsprechend unterstützen.

 Joachim Herrmann

Joachim Herrmann

Bayerischer Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr Position

Sehr geehrte Damen und Herren,
es freut mich sehr, dass in Bayern die Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren, so groß ist. Ehrenamtliches Engagement zum Wohle unserer Mitmenschen ist in der heutigen Zeit von besonderer Bedeutung. Es hat wichtige Funktionen in unserer Gesellschaft. Das gilt für viele soziale und kulturelle Bereiche und den Sport, aber auch für unsere Feuerwehren und Rettungsdienste. Mit ihrem unermüdlichen Einsatz stellen sich die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer in den Dienst der Gemeinschaft. Allen, die sich in Bayern ehrenamtlich einbringen, sage ich ein ganz herzliches Wort des Dankes!

Prof. Dr. Elisabeth Kals

Prof. Dr. Elisabeth Kals

Dekanin Philosophisch-Psychologische Fakultät Universität Eichstätt

Menschen, die sich im Ehrenamt engagieren, ist es vor allem wichtig, durch das eigene Engagement einen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit zu leisten und etwas zu tun, was in Einklang mit den eigenen Werten steht. Dabei geht es auch um erlebte Gefühle wie Empörung angesichts wahrgenommener Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft. Um Menschen zu gewinnen, sich freiwillig zu engagieren, sollte daher der Blick – neben all den anderen Vorteilen des Engagements – auf bestehende Ungerechtigkeiten gerichtet und ein Nachdenken darüber gefördert werden, welche Werte im eigenen Leben zählen.

Jutta Koller

Jutta Koller

Stadträtin in München, Bündnis90/Die Grünen, Mitglied im Sozial-, Kommunal-, Kinder- und Jugendhilfeausschuss

„So viel Staat wie nötig, aber so wenig Staat wie möglich.“ Das ist unser Motto für die Sozialpolitik im Münchner Rathaus und dazu gehört ja auch im weitesten Sinne das Ehrenamt. Ehrenamt darf nie gesellschaftliche Pflichtaufgaben abdecken, sondern muss immer das add on sein, das eine lebenswerte Stadt ausmacht. BürgerInnen engagieren sich heute anders, oft zielgenauer und zeitlich überschaubar. Bürgerschaftliches Engagement braucht Raum und finanzielle Unterstützung. Wir als Kommune müssen die nötigen Ressourcen zu Verfügung stellen, aber ausreichend Freiraum zur inhaltlichen Ausgestaltung lassen.

Wolfgang Krell

Wolfgang Krell

Landesgeschäftsführer der Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligen-Agenturen/Freiwilligen-Zentren/Koordinierungsstellen in Bayern e.V.

Engagementpolitik ist in vielen Aufgabenbeschreibungen von politischem und verwaltungsbezogenem Handeln noch ein Fremdwort. Die Beobachtungen in diesen Kommunen sind eindeutig:
Wenn die Kommune pleite ist – Engagement als Ausfallbürge politischen Versagens?
Wer am lautesten schreit, erhält recht – Engagement als Lobbyist versus Allgemeininteresse?
Jedem Politiker seinen Verein – Engagement als Wahlkampfsport?
Kommunen unter demografischem Druck – Engagement als Standortfaktor?

Sabine Nölke-Schaufler/Herr Krell

Andrea Leissner

Andrea Leissner

Coolrider – Sicherheit im öffentlichen Raum

Im Jahr 2001 hatte ich zum ersten Mal Kontakt mit dem Coolrider-Programm. Das Engagement der Jugendlichen im Bereich der Zivilcourage hat mich beeindruckt. Ehrenamtlich lernen sie „Störenfriede“ gewaltfrei anzusprechen, achten auf faires Verhalten und sind Vorbilder für andere Schüler. Das veranlasst mich, das Coolrider-Programm zu unterstützen und immer mehr Schulen und Sponsoren dafür zu begeistern. Gerade in der heutigen Zeit ist es wichtig, positiv auf die Entwicklung der Schüler einzuwirken, und dazu gehört das Erlernen sozialer Kompetenzen.

Prof. Dr. Armin Nassehi

Prof. Dr. Armin Nassehi


Professor für Soziologie Ludwig-Maximilians-Universität München
Foto: Hans-Günther Kaufmann

Ehrenamtlichkeit als Laboratorium der Gesellschaft. Nicht alles, was in der Gesellschaft getan wird und getan werden muss, ist Erwerbsarbeit. Und nicht alles, was zur Gestaltung der Gesellschaft beiträgt oder was Menschen dabei hilft, ihr Leben führen zu können, ist Aufgabe des Staates. Gesellschaften hängen sehr stark von nicht erwerbsförmigem und nicht staatlichem Engagement ab – und ein Großteil dessen hat die Form ehrenamtlicher Tätigkeiten. Das Ehrenamt ist ein Amt, das sowohl denjenigen zur Ehre gereicht, die hier tätig sind, als auch denjenigen, die Nutznießer solchen Engagements sind. Der Vortrag wird das Verhältnis erwerbsförmiger und staatlicher Tätigkeiten auf der einen Seite und Nichterwerbsförmiges und Ehrenamtliches auf den Begriff bringen und die wachsende Bedeutung des Ehrenamtlichen als ein Laboratorium für neue Lösungen in den Blick nehmen.

Dr. Thomas Röbke

Dr. Thomas Röbke

Geschäftsführer Landesnetzwerk Bürgerliches Engagement

Das Ehrenamt gleicht einem bunten Blumenbeet. Da wachsen klassische Stauden wie die Sportvereine, das Rote Kreuz, die Kirchengemeinden, neben frisch gesäten Initiativen wie Patenschaften, Tafelprojekten oder Online-Volunteering. Immer wieder kommt etwas Neues hinzu. Vielfalt ist wunderbar. Wer heute ein Ehrenamt anstrebt, hat aber auch die Qual der Wahl. Woher bekomme ich die Informationen, welches Engagement zu mir passt? Wenn Menschen sich schon unentgeltlich einsetzen, sollte ihnen die Orientierung leichter gemacht werden. Viele Hunderte von Freiwilligenagenturen, Selbsthilfekontaktstellen, Seniorenbüros, Bürgerstiftungen oder Mehrgenerationenhäusern tun das. Aber allesamt leben sie von der Hand in den Mund. Sie sind nicht nachhaltig finanziert, obwohl sie nicht mehr wegzudenken sind. Im Zentrum zukunftsträchtiger Engagementförderung muss die Förderung der lokalen Infrastruktur für Bürgerschaftliches Engagement stehen. Sie sorgt für unabhängige und kompetente Vermittlung und Beratung, unterstützt Ehrenamtliche und Organisationen, sorgt für frischen Wind, vernetzt die lokalen Mitspieler.

Tilmann Schöberl

Tilmann Schöberl

Moderator, Bayerischer Rundfunk

Tilmann Schöberl ist einer der „Köpfe“ des Bayerischen Rundfunks. Der Regensburger moderiert im Hörfunk bei Bayern 1, dem größten Radioprogramm des BR. Außerdem führt er jeden Mittwoch um 20.15 Uhr im Bayerischen Fernsehen durch die Bürger-Sendungen „Jetzt red i“ oder „BürgerForum Live“. Hier trifft die Politik auf Wirklichkeit, hier haben die Bürgerinnen und Bürger das Wort. Überall im Freistaat Bayern wird diskutiert und gestritten – oft auch um die Frage, wie wir das Ehrenamt im Freistaat stärken können. Denn eins ist klar – ohne unsere „Ehrenamtler“ wäre Bayern ein ganzes Stück ärmer.

Hilfsaktion "Passau räumt auf"

Hilfsaktion “Passau räumt auf”


V.l.n.r.: Dorothea Will, Lisa Wagner, Karoline Oberländer, Manuel Grabowski
Copyright/Foto Quirin Leppert

Initiative „Passau räumt auf“: Als Passau im Juni 2013 von der katastrophalen Flut getroffen wurde, mangelte es glücklicherweise nicht an Helferinnen und Helfern, um die Stadt wieder aufzuräumen. Die jungen Engagierten Manuel Grabowski, Karoline Oberländer, Lisa Wagner und Dorothea Will setzten eine Facebook-Seite als Basis der ehrenamtlich organisierten Nothilfe ein. Bis zu 5.000 Helfer wurden so täglich unbürokratisch und effizient koordiniert sowie die Öffentlichkeit informiert und Sponsoren mobilisiert. „Passau räumt auf“ wurde zum Vorreiter online-basierten Engagements und dafür u. a. im Dezember 2013 mit dem Deutschen Bürgerpreis geehrt.

Dr. Elfriede Schießleder

Dr. Elfriede Schießleder

Vorsitzende Katholischer Deutscher Frauenbund, Landesverband Bayern

Ehrenamt klingt verstaubt, Zivilgesellschaftliches Engagement wenig besser, Freiwilligenarbeit, Bürgerschaftliches Engagement, volonteering – es nimmt der Bezeichnungen kein Ende. Umschrieben wird damit nur die Not, einer guten alten deutschen Tugend ein modernes Gewand zu verpassen. Angeblich kennt keine Nation der Welt so viele Vereine, Verbände und Zusammenschlüsse wie wir Deutschen, wir Bayern zumal. Und doch erachten wir angelsächsische Länder als Vorbild. Angeblich wird dort viel mehr in dieser Richtung geleistet, bis hinein in Schulen und Universitäten. Da würde ich gerne gegen den Strich bürsten und genauer hinsehen. Das lohnt! Sicher!

Ruth Waldmann

Ruth Waldmann

MdL, SPD, Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration

Ehrenamtliches Engagement bedeutet Verantwortung übernehmen und mitgestalten. Wer sich engagiert, ist mittendrin statt nur dabei. Gemeinsame Projekte bringen Menschen aus den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen und aus unterschiedlichen Lebenssituationen zusammen. Im gemeinsamen Tun entsteht ein Miteinander, findet Dialog und Austausch statt. Neues entsteht. Ohne ehrenamtliches Engagement kann eine Gesellschaft nicht funktionieren. Es erfüllt eine Gemeinschaft mit Leben. Ruth Waldmann, MdL

Peter Zehentner

Peter Zehentner

Leiter Krisen-Interventions-Team des ASB München

Manche meinen, Ehrenamt sei ein Hobby, eine Freizeitbeschäftigung mit geringem Anspruch, eine Ablenkung vom Alltag für kurze Zeit.
Ich erlebe Ehrenamt als eine oft hochprofessionelle Herausforderung, der mit viel Engagement und Verantwortungsbewusstsein nachgegangen wird. Ob in der Bergwacht, bei der Feuerwehr, im Rettungsdienst oder eben im KIT-München.
Hier wie dort sind Menschen oft seit vielen Jahren im Einsatz – und auch an der Weiterentwicklung der Dienste, Angebote oder Rettungsmittel mit viel persönlichem Engagement dabei.
Als eine Ablenkung vom Alltag versteht meines Wissens keiner von uns im KIT-München seine Arbeit. Es geht um eine sinnvolle, sinnstiftende Tätigkeit, um Lernen und Helfen und manchmal auch um einen Ausgleich zu einem technisch sehr anspruchsvollen Hauptberuf mit wenig Kontakt zu Menschen.
„Wie? Und das wird ehrenamtlich geleistet.“ ist ein Satz, den wir oft hören und dann mit einem stolzen Lächeln ob der Leistungen von Ehrenamtlichen beantworten.